Segelfliegen am Flugplatz Freiburg

Der Wetterbericht am Samstag war vielversprechend, Bildung von 1/8 bis 2/8 Kumulus Wolken, Thermik gut bis sehr gut und Wolkenbasishöhen ansteigend über dem Schwarzwald am späten Nachmittag auf bis zu 2800 m. Früh am Sonntagmorgen bin ich wach und fahre schon um 8:45 Uhr mit dem Fahrrad zum Flugplatz Freiburg, um mit anderen Segelfliegern unsere Flugzeuge aufzubauen. Schnell ist die Akaflieg-Halle leergeräumt und die Segelflieger aufgebaut, - jeder hilft wo er kann. Irgendwie ist es ein Teamsport für Individualisten.

Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
Die Piloten bereiten sich auf den Flug vor und besprechen nochmals eventuelle Flugrouten, um die beste Thermik zu erwischen. Ein kurzes zweites Frühstück, Überprüfen und Durchchecken der Flugzeuge und gegen 10:30 Uhr ziehen wir unsere Maschinen langsam zur Startbahn vor. Auch die neuen Flugschüler ohne Flugerfahrung sind da und helfem beim Klarmachen der Flugzeuge und beim Durchgang der Checkliste mit, - denn auch die gewissenhafte Flugvorbereitung gehört zur Flugausbildung. Sie werden heute auch noch fliegen! Als wir unsere 4 Segelflugzeuge auf der Graspiste neben der Startbahn aufreihen, sehen sie auf dem saftigen Grün einfach schick aus. Aber jetzt brauchen wir Hilfe, das Schleppflugzeug (D-EICC, sprich: Delta- Echo India Charlie Charlie oder einfach nur Charlie Charlie) kommt.
Startvorbereitungen...
Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
Mit dem neuen lärmverminderten Motor brummt sie sonor heran. Der durch den Propeller entfachte Wind bläst uns Gras in Gesicht und unsere leichten Segelflugzeuge schütteln sich. Sie scheinen zu wissen, dass die Thermik brodelt und sich sogar Kühe im Gras festbeißen müssen, damit sie nicht abheben. Wir wollen los, - unsere Flugzeuge auch. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Johannes ist der erste, ich bin sein „Flächenmann“. Ich renne zur Charlie Charlie, nehme das Schleppseil und hake es bei ihm ein. Er hebt den Daumen hoch, ich hebe seine Tragfläche an und halte sie waagrecht. Unsere Charlie Charlie entfacht einen wahren Orkan. Die Charlie Charlie bewegt sich nach vorne, das Schleppseil strafft sich, der Flugzeugschlepp bewegt sich erst langsam dann immer schneller vorwärts, - ich halte die Fläche und laufe mit, nach 30 m lasse ich los und schaue Johannes neidisch nach. Da hebt er auch schon ab und fliegt.
Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
Jetzt bin ich an der Reihe, wir schieben das Segelflugzeug D-4873 in Richtung Startbahn der Graspiste und ich lege den Fallschirm an, zwänge mich in mein Cockpit und mache es mir dort soweit es geht gemütlich. Mein Flieger ist so eng, nur 60 cm breit, ich komme mir vor wie im Wetsuit. Da landet die Charlie Charlie wieder, ich sehe sie aufsetzen. Ich gehe meine Checkliste durch: Fallschirm, Anschnallgurte, Höhenmesser, Ruder freigängig, Haube zu und verriegelt, Schleppstrecke frei, der Wind kommt leicht von vorn – optimale Startbedingungen. Die Sonne brennt ins Cockpit, ich bin schweißgebadet. Da! Die Charlie Charlie kommt! Mein Flächenmann, Nick, rennt los, holt das Schleppseil, kommt zurück und ruft das Kommando „Seil aus“, „Seil aus“ rufe ich zurück, dann endlich „Seil ein“, ich rufe zurück „Seil ein“, es scheppert und ich weiß, dass die CC und ich jetzt zusammen gehören. Über den Funk höre ich: „Charlie Charlie bereit zum Schleppstart“, automatisch antworte ich „D-4873 bereit zum Schleppstart“. Der Tower gibt uns die Freigabe zum Schleppstart und wünscht uns gute Thermik. Ich sehe das Gras an meiner Kanzel vorbeifliegen, es ruckelt und wackelt, - schnell fahre ich die Bremsklappen aus, damit sich mein Flieger während des Anrollens ruhig verhält. Wir rollen, es wackelt und ich merke jede Bodenwelle, jeden Maulwurfshügel, es wird immer schlimmer. Schon sehe ich am Fahrtmesser, wie wir Geschwindigkeit aufnehmen. Der Krach in meiner Maschine ist unerträglich, die Schläge der Bodenwellen auf das Fahrwerk und das nervöse Rückeln der Maschine tun ihr Übriges. Ich fahre bei 70km/h die Bremsklappen ein, ein Aufbäumen - dann absolute Ruhe. Ich fliege in 30 cm bis 40 cm Höhe über dem Boden, die Charlie Charlie kämpft noch und will abheben - ich bin direkt hinter ihr - jetzt ist auch sie in der Luft.
Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
Langsam kämpfen wir uns weg vom Boden. Ich fliege genau hinter der Charlie Charlie her und der „Müllberg“, die ehemalige Mülldeponie Eichelbuck, ist leicht rechts von uns. Gleich über dem Mooswald erwischt uns die erste Thermik. Die Schleppmaschine steigt jäh in die Höhe, ich konzentriere mich auf die Schleppmaschine und versuche genau hinter ihr zu bleiben, - das ist gerade bei Thermik und in der Linkskurve über dem Mosswald schwierig.
Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
Unser Schleppziel ist der Rosskopf. Der Flugplatz wird kleiner, die Segelflugzeuge in Reih und Glied auf den Schleppstart wartend nehme mich kaum noch wahr. Ich sehe die Windräder aus einer anderen Perspektive, sie sind auf meiner Höhe. Kreisend kommen wir dem Rosskopf näher und in 1300 m Höhe entlasse ich die Charlie Charlie – ich klinke aus. Ich sehe wie das Schleppseil durch die Luft wirbelt und wie es jetzt ganz still wird um mich herum.
Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
Der Fahrtwind säuselt in meinen Ohren und die Charlie Charlie stößt sich heroisch in die Tiefe, um den nächsten Segelflieger zu schleppen. Thermik suchend taste ich mich vorwärts, kurz hinter dem Rosskopf bemerke ich ein Rucken und der linke Flügel meines Fliegers hebt sich leicht. Instinktiv steuere ich dagegen und bin in der unsichtbaren Thermik, kraftvoll mit mehr als 3 Meter pro Sekunde komme ich kreisend in wenigen Minuten auf 2200 m Höhe. Ich suche Johannes und sehe ihn schon Richtung Kandel abfliegen. Über Funk nehme ich Kontakt auf. Johannes und ich wissen; - was jetzt kommt wird wunderbar und sehr lange in unseren Erinnerungen bleiben.
Segelfliegen am Flugplatz Freiburg
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